Mensch, bücke dich!
Joyas nächstes Refugium ist die hinterste Ecke direkt unter der Treppe. Misstrauisch hebt sie den Kopf, wenn jemand nach ihr sieht. Dabei liebt sie es nämlich, am Kopf gekrault zu werden, so viel haben wir schon herausgefunden. –
Für die Katze ist es ein Leichtes, in die hinterste Ecke zu kriechen, für ihre Menschen ist das mit ziemlichen Unannehmlichkeiten verbunden. Schon das Hineinkriechen ist schwierig, dann das Wiederaufstehen gleich nochmals.
In der Nacht hat Joya wiederum alles schön aufgefressen und den wunderschönen Kratzbaum immer noch nicht betreten. Aber am Morgen ihres dritten Tages liegt sie immer noch unter der Treppe. Oder besser: Schon wieder. Was das nur soll?
Ich reibe mir einen Tropfen Baldrian an die Hose, falte mich zusammen und krieche zu ihr. Joya lässt sich sehr gerne kraulen, das Schnurren bricht geradezu heftig aus ihr heraus. Das Fell wirkt entspannter als am Vorabend, es beginnt zu glänzen. Ich darf mich darüber freuen: Sie ist erst etwas mehr als zwei Tage bei uns!
Zwei Stunden später liegt sie ENDLICH auf einem Stuhl!
Do haut si mer eis
Joya liegt weiterhin im Untergeschoss auf einem Stuhl. Dort lässt sie sich gerne streicheln – aber nicht zu oft und nicht zu lange. Da sie stressbedingt ein bisschen haart, finde ICH die Idee gut, sie zu bürsten. Wohlweislich ziehe ich mir aber dicke Gartenhandschuhe über.
Ja, auch Joya liebt das Gebürstet-Werden. Sie schnuppert lange an den Gartenhandschuhen, sie war ja Freigängerin, und reibt ihren Kopf selber an den Borsten, recht herum und links herum. Aber dann verpasse ich den Moment, in dem sie genug hat – und do haut si mer eis – mit Krallen und Zähnen. OK, das hätte mir nicht passieren dürfen.
Ab diesem Moment ist sie noch schreckhafter als vorher. Sie hat von den Streicheleinheiten bald einmal genug und haut ab. Sie wagt es nicht, in unserer Gegenwart zum Fressen zu kommen. Dass sie Hunger hat ist offensichtlich. Als ich ihr den vollen Teller mit frischem Futter vor die Nase halte, folgt sie mir – wagt sich aber nicht um die Ecke die Treppe hoch – oje!
Geduld, Geduld! Joya war ja noch nie Einzelkatze und kann sich somit erstmals an keiner andern Samtpfote orientieren.
Vor meinem Schlafengehen sitzt sie plötzlich im Wohnzimmer. Da war sie vorher noch nie. Ich spreche ihr zu, nähere mich aber nicht. So viel Distanz erträgt sie.
Und dann fängt am Morgen von Tag drei das grosse Versteckspiel wieder an! Ich finde sie endlich hinter einem Schuhgestell, hinter den Wanderschuhen im Dunkeln. Das ist nun tatsächlich die perfekte Farbverschlüsselung. Braun-Schwarz, Schildpatt. Einmal entdeckt bleibt sie aber nicht dort sitzen, sondern sucht bald darauf ihren Stuhl wieder auf.
Ist das jetzt ein Fortschritt? –
Was ich über Joyas Vergangenheit weiss.
Sie gehörte einem alten Mann, der mit 90 verstarb. Er war ein schwerer Raucher. Atmet sie deshalb manchmal komisch? Könnte sein. - Sie kam mit zwei anderen Katzen ins Tierheim. Niemand weiss, wie die Katzen beim alten Mann gehalten wurden. ob sie zuletzt vernachlässigt worden waren und wer sie gefüttert hat. Sie waren aber Freigängerinnen.
Fortschritte?
Joya hat sich aufrichtig gefreut, heute Abend von mir besucht zu werden. Sie kann so unermesslich innig schnurren! Beim Gestreichelt-Werden hat sie volles Vertrauen gezeigt. In unserer Abwesenheit war sie oben und hat gefressen. Nun lagert sie wieder auf ihrem Stuhl, aber das darf sie doch. Meine vorherige Katze hockte tagelang zuhinterst auf der Sauna, unerreichbar für alle und alles. Mein Gott, wenn ich DARAN denke, dann ist der Stuhl direkt ein Klacks!
Es kommt, es kommt alles gut.
Heimlichkeiten
Der vierte Tag mit Joya hat abends um fünf begonnen
Ich sitze noch am Tisch und lese. Da kommt Joya plötzlich die Treppe hoch und geht ohne zu erschrecken an mir vorbei zum Napf. Danach umrundet sie den Kratzbaum. Nach einigen Momenten kehrt sie ins UG auf ihren Stuhl zurück.
Etwas Positives: Ausser am frühen Morgen ist sie gar nie in ein Versteck abgehauen.
mehr von Joya und ihrer Eingewöhnungszeit im nächsten Blog....
Bei den verwendeten Bildern handelt es sich um Beispielbilder.